Wie wir abgestimmt haben und warum

Sitzung der Stadtvertretung vom 23.02.2023

Die Initiative Zukunft war vertreten durch

Dr. Peter Menzel und Dr. Joachim Neumann

 

Immer wieder werde ich gefragt, wie wir bei bestimmten Abstimmungen gestimmt haben und was uns dazu bewogen hat, so zu stimmen. Meist stelle ich dann fest, dass nicht alle Facetten und Hintergründe bekannt sind. Aus diesem Grund möchte ich meine Beweggründe künftig hier einmal erläutern.


SCHLIESSUNG BAHNÜBERGANG HERMANN-LÖNS-WEG

In der letzten Stadtvertreterversammlung am 23. Februar sollte eine Entscheidung über eine Kreuzungsvereinbarung der Mecklenburgischen Bäderbahn Molli GmbH mit der Stadt Ostseebad Kühlungsborn beschlossen werden. Hierbei ging es um den Bahnübergang des Hermann-Löns-Weges. Für die Molli GmbH gibt es mehrere Gründe dafür, den Übergang für Autos zu schließen und die Diskussionen um einen Kompromiss währen schon mehrere Jahre. 

Ob wir diese Gründe nun gut oder schlecht finden sei einmal dahingestellt. Tatsächlich ist man in den letzten Jahren einer Einigung kaum näher gekommen, da die Stadtverwaltung und die Stadtvertretung eine Schließung für Autos kategorisch ablehnen. 

Über die Gründe und Argumente für diese kategorische Ablehnung kann man ebenso streiten, wie über die Argumente der Bahn. Im Gegensatz zu allen anderen Stadtvertretern habe ich für die Schließung des Bahnübergangs gestimmt. Es ist nachgewiesen, dass die Einbahnstraßenregelung dort weitgehend missachtet wird. 

Wir wollen in Kühlungsborn den Fahrrad- und Fußgängerverkehr im Sinne der Erhöhung der Lebensqualität fördern und den Autoverkehr reduzieren. Im Rahmen der Kreuzungsvereinbarung sollen Radfahrer und Fußgänger den Bahnübergang weiterhin nutzen. Somit kommt es zu einer Reduzierung des Autoverkehrs im Hermann-Löns-Weg, was einer Erhöhung der Lebensqualität dort gleichkommt. 

Weiterhin wird die Unfallwahrscheinlichkeit am Bahnübergang drastisch reduziert. Auch wenn es dort glücklicherweise schon länger zu keinem Unfall gekommen ist, so wäre doch nur die Wahrscheinlichkeit eines einzigen schweren Unfalls Grund genug, zu handeln. 

Ein Abschneiden des Wohngebietes vom Zentrum Ost kann ich nicht erkennen, da man weiterhin zu Fuß und mit dem Fahrrad passieren kann. Mit dem Auto kann man weiterhin über die Cubanzestraße in die Stadt fahren. Ja, der Weg ist dann im Extremfall 750 m länger, aber das sollte für ein Auto nicht problematisch sein, zumal man auch bei Regen geschützt sitzt. Der Zeitverlust sollte kaum messbar sein. Eine Erreichbarkeit des Wohngebietes durch Rettungsfahrzeuge ist weiterhin über die Zufahrt zur Hohen Düne und von der Cubanzestraße aus sichergestellt. 

Natürlich ist es als Stadtvertreter viel bequemer und sympathieträchtiger und wird künftig ein besseres Wahlergebnis bringen, wenn man einfach dagegen stimmt, auch wenn man genau weiß, dass die Bahn hier letztendlich am längeren Hebel sitzt und die Schließung erzwingen kann und wird. Mit einer Vereinbarung hätten wir wenigstens die Möglichkeit der Querung für Fußgänger und Radfahrer gesichert. Vielleicht entscheiden sich künftig noch mehr Menschen dafür, einfach das Fahrrad zu nutzen oder zu Fuß zu gehen.


HAUSHALTSPLAN DER TSK FÜR 2023

In einem weiteren Beschluss sollte über die Haushaltssatzung für den Haushaltsplan 2023 abgestimmt werden. Diese haben wir abgelehnt. Der Haushaltsplan beinhaltet auch die Planung der TFK GmbH (Tourismus und Freizeit Gesellschaft Kühlungsborn). In dieser Planung wurden unter anderem mögliche Risiken aufgeführt, und zwar die Energiekrise, die Inflation, das Klima und Corona. Dies ist positiv zu bewerten. In der konkreten Planung für das laufende Jahr 2023 sowie die Folgejahre bis einschließlich 2026 finden die Risiken aber keinerlei Berücksichtigung. Im Gegenteil, man betont, dass 2023 ein Jahr ohne gravierende Einschränkungen wird und erwartet auch eine stabile Entwicklung in den nächsten Geschäftsjahren.

Hier wird die Realität komplett ausgeblendet. Die Grundlage für die Geschäftspolitik der TFK ist das Tourismuskonzept in seiner Fortschreibung von 2017. Inzwischen sind mehr als sechs Jahre vergangen und die Welt hat sich in dieser Zeit – wie jeder weiß – vollkommen verändert. Dieses Tourismuskonzept ist in seiner Form als Grundlage der Geschäftspolitik nicht mehr geeignet.

Der Schluss daraus, bezogen auf die aktuelle Planung ist der, dass diese nicht nur sehr optimistisch, sondern naiv ist. Wir können dem nicht zustimmen, unter anderem auch, weil die zu erwartenden, von der Stadt Kühlungsborn auszugleichenden Fehlbeträge, den Stadtsäckel zusätzlich belasten.

Dies wurde von den meisten Stadtvertretern ausgeblendet, so dass die Mehrheit der Beschlussvorlage zustimmte. Vor dem Hintergrund der Verfehlungen aus den Vorjahren ist dies kaum zu verstehen. Generell scheint es auch hier ein Missverständnis darüber zu geben, wie in einer Demokratie Kompromisse erzielt werden. Mitnichten muss jeder einzelne Stadtvertreter bereits den Kompromiss wählen, denn dieser soll ja gerade anhand einer Abstimmung durch Auszählung der Stimmen erzielt werden. 

Heißt: wir geben unsere Stimme entsprechend unserer Überzeugung ab und nicht entsprechend der zu erwartenden Mehrheit oder Gefälligkeit. Darüber hinaus muss betont werden, dass wir innerhalb der IZ keinen Fraktionszwang haben.


Dr. Peter Menzel